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Christian Klant im Interview:

Wie findet man seine Leidenschaft — und baut sich noch dazu eine berufliche Existenz mit ihr auf?


Foto: © Christian Klant


Darüber haben wir mit dem Berliner Fotografen Christian Klant gesprochen. Im Interview verrät der BFF Professional und stellvertretende Sprecher des Deutschen Fotorates, wie aus Altem Neues entstehen kann, warum Alleinstellungsmerkmale so wichtig sind und wie man sie durch Experimentieren manchmal ganz unverhofft für sich entdeckt.

Fangen wir mit einer assoziativen Frage an: Spezialist oder Generalist?


Das ist eine philosophische Frage und sicher auch eine Frage der Perspektive. Ich würde mich als fotografischen Generalisten mit partiellem Hang zum "Spezialismus" beschreiben.


Der Hang zum Spezialismus äußert sich bei Dir ganz klar, wenn es um analoge Fotografie geht. Wie wird ein gelernter Betriebswirt denn Experte für handgemachte Fotos?


Die Leidenschaft zur Fotografie war schon immer da. Sie wurde über die Jahre immer größer. So groß, dass ich das Lager gewechselt habe und Fotograf geworden bin. Aber das ist nur die Kurzversion. Zunächst habe ich ausschließlich digital gearbeitet. Dann habe ich die Leidenschaft zur analogen Fotografie in mir entdeckt. Das Analoge war die Antwort auf meine unbewusste Suche nach dem perfekten Porträt. Als sich diese Antwort mit meiner ersten Wet Plate wie von selbst abzuzeichnen begann, gab es kein Zurück mehr. Der Generalist wurde in den Urlaub geschickt und der Spezialist wurde aktiv. Sehr aktiv.


Wet Plates entstehen dabei nach einem aus den Anfängen der Fotografie stammenden Verfahren, bei dem mittels chemisch angereicherter Flüssigkeiten und Licht ein Foto auf Glas entsteht. Wie hast Du diese spannende Nische für Dich entdeckt?


Ich würde in meinem Fall sagen, dass die Nische mich gefunden hat. Ich hatte ja gar nicht aktiv danach gesucht. Alles fing mit einem freien Portraitprojekt an. Das wollte ich nur für mich machen, hatte keine kommerziellen Hintergedanken. Dafür wollte ich 100 Menschen mit dem Kollodium-Nassplatten-Verfahren fotografieren. Das Projekt wurde ein voller Erfolg. Die Bilder wurden international ausgestellt und ausgezeichnet. Es entstand mein erstes Buch, und wie von allein kamen die ersten Anfragen. So fand ich mich schließlich in meiner ganz eigenen Nische wieder. Diese wird von mir nun liebevoll gepflegt und kultiviert.


Kannst Du Dich an den Moment erinnern, als Du gemerkt hast: Das ist mein Weg?


Am Anfang war es nur eine Ahnung. Ich suchte, wie gesagt, nach einer Möglichkeit, das für mich perfekte Portrait zu fotografieren. Mit digitalen Mitteln bin ich da nicht weitergekommen.


Wo genau bist Du beim Digitalen an Grenzen gestoßen?


Ich war zwar in der Lage, gute Portraits zu fotografieren. Es fehlte mir aber eine emotionale Tiefe dabei. Eine Grenze, die ich erst mit analogen Mitteln überwinden konnte. Dafür musste ich meinen Suchradius erweitern und mit analogen Techniken experimentieren. So stieß ich dann auch auf ein Portrait, welches mich vom Stil und Ausdruck her sehr ansprach. Mit etwas Recherche fand ich heraus, dass dieses Portrait eine sogenannte Wet Plate war. Kurze Zeit später fand ich einen passenden Workshop und konnte meine erste eigene Wet Plate belichten und entwickeln. Ab da war es um mich geschehen. Ich war angekommen, hatte mein fotografisches Zuhause gefunden.


Gibt es eine Arbeit von Dir, mit der für Dich die Weichen gestellt waren?


Mit meinem freien Projekt „100 Wet Plates – 100 Words“. Nach der Veröffentlichung stellte ich mir jedoch die Frage, ob ich mit dieser exotischen Technik auch für kommerzielle Aufträge gewappnet sein würde und wo sie passend eingesetzt werden könnte. Eine meiner ersten Auftragsarbeiten hatte dann den Titel „Weil heute morgen gestern ist“. Für Fraunhofer habe ich hier modernste Technik im Wissenschaftskontext fotografiert. Vom Windkanal bis zum Reinstraum. Alles mit einer Plattenkamera. Ziel war es, auf fotografisch-künstlerische Weise zu polarisieren. Durch diesen Auftrag wurde mir schließlich klar, wo und wie ich mein „neues Produkt“ anwenden kann.


Verrätst Du uns, wie man sich mit dem, wofür man brennt, eine Existenz aufbaut?


Leidenschaft allein reicht nicht aus. Man sollte a) wissen, was man kann, b) was man nicht kann, c) eine Ahnung davon haben, wer ersteres gebrauchen könnte und d) wie man es verkauft. Es ist hilfreich, wenn man alle vier Bereiche selbst abdecken kann. Manchmal ist es aber auch nützlich, für die beiden letzten Bereiche professionelle Unterstützung einzuholen, z.B. in Form einer Marketing-Beratung oder einer Repräsentanz, die den kompletten Vertrieb übernimmt.


In Deinem Workshop in unserer "Meet the Professional"- Reihe geht es auch darum, wie man mit einem ganz besonderen Angebot in einem kommerziellen Markt agiert. Kannst Du uns hierfür schon mal einen Tipp geben?


Schritt Nummer 1 ist es, herauszufinden, was genau der eigene USP, also die "Unique Selling Proposition" beziehungsweise das Alleinstellungsmerkmal ist. Schritt Nummer 2 wäre, zu definieren, was die eigenen Ziele sind. Dort setzen wir in meinem Workshop an der BFF Akademie an und spinnen den Faden weiter.


Du bist bekannt für aufwändige Produktionen - woran denkst Du, wenn Du Dich an einen Deiner letzten großen Aufträge erinnerst?


Je größer die Produktionen werden, desto wichtiger ist es, den Überblick zu behalten. Was ist der Job? Wie kann ich das umsetzen? Wer im Team ist für was verantwortlich? Bei meiner letzten größeren Kampagne wurde parallel zu meiner Fotografie eine Doku über die Produktion gefilmt. Insgesamt waren neben meinem Team rund 20 Personen am Set. Da muss nicht nur die Technik stimmen, sondern auch die Laune aller Beteiligten. Da wird der Fotograf zum Komponisten und Dirigenten zugleich.


Wie finden Deine Kunden zu Dir?


Meine Kunden kommen aus zwei Bereichen. Zum einen aus dem Kunstbereich, dazu gehören Galerien und Sammler. Und zum anderen aus dem angewandten Bereich, der meist aus Direktkundschaft besteht. Beide Gruppen müssen ganz unterschiedlich angesprochen werden. In jedem Fall hilft es, sich ins Gespräch zu bringen, Aufmerksamkeit zu erregen. Wie genau das geht, ist immer eine Einzelfallbetrachtung.

Was macht eine kluge Kundenkommunikation aus?


Die muss meiner Meinung nach immer klar und ehrlich sein. Es ist wichtig zu sagen, was geht und auch, was nicht geht. Je größer die Projekte sind, desto wichtiger ist es, diese Punkte schriftlich festzuhalten. Das spart Ärger und Diskussionen im Nachgang.


Du bist BFF Professional, Herausgeber des BFF Art-Lab Podcasts, stellvertretender Sprecher des Deutschen Fotorates und berufenes Mitglied der DGPh - was motiviert Dich, Dich so zu engagieren?


Ich liebe die Fotografie und ich liebe es, mich mit Fotografie zu beschäftigen. Mit dem BFF Ausstellungen zu organisieren oder inspirierende Gespräche für den Podcast zu führen, sind dabei eine große Freude für mich. Im Deutschen Fotorat geht es darum, auf gesellschaftlicher und politischer Ebene der Fotografie eine gewichtigere Stimme zu geben und ihre Wertschätzung zu steigern. Schaffen wir dies, kommt das letztlich allen zugute, die mit Fotografie arbeiten, Museen, Galerien, Agenturen, Kreative, KundInnen ...


Vor welchen Herausforderungen steht unsere Branche? Wo siehst Du die größten Chancen?


Meiner Meinung nach steht der Auftragsfotografie ein sehr tiefgreifender Wandel bevor. KI- gesteuerte Bildgeneratoren werden einen Teil der Auftragsfotografie, wie wir sie heute kennen, ersetzen. Nur wenige sehr gute und spezialisierte FotografInnen werden hier bestehen. Die Herausforderung nicht nur für unsere Branche, sondern für unsere Gesellschaft besteht darin, ein Bewusstsein für Qualität zu entwickeln. Damit erübrigen sich auch Fragen rund um einen adäquaten Preis.


Wo holst Du Dir Inspiration und auch Motivation?


Ich gehe selektiv in Ausstellungen und beschäftige mich mit den KünstlerInnen. Besonders inspirierend finde ich zum Beispiel Irving Penn oder Anton Corbijn. Letztlich ist die Natur für mich jedoch die tiefste Quelle der Inspiration. Dort ist alles schon angelegt. Man muss nur lernen, den Zwischentönen zu lauschen. Was die Motivation betrifft, geht es bei mir in der Regel nur darum, sie in geregelte Bahnen zu lenken. Es mangelt mir nicht so sehr an Motivation. Meine Herausforderung ist es eher, mich im Umfang meiner Ideen nicht zu verlieren.


Was möchtest Du Deinen Foto-KollegInnen unbedingt mit auf den Weg geben?


Es ist wichtig, zu wissen, wofür man steht. Im Leben und in der Fotografie. Das schafft eine authentische Basis für den beruflichen Erfolg. Wenn dann noch Leidenshaft ins Spiel kommt, wird es spannend!







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